Löbnitz

»Mein liebster Hr. professor
Hier schicke ich Ihnen den guten Herrn Buschmann wieder Gott sey dank unser vorhaben ist zu stande, und ist alles sehr gut und nach wuntsche ausgeschlagen. Die Lobnitzer Pfarre ist ihm versprochen.«

Gräfin Vitzthum von Eckstädt an Gellert 13. November 1759

Christian Fürchtegott Gellert hatte einen seiner Lieblingsschüler in der offenbar einträglichen Pfarrstelle Löbnitz untergebracht, eine glückliche Entscheidung. Denn der »gute« Ernst August Buschmann verfasste neben seinen Predigten zusätzlich Texte und Gedichte geistlichen Inhaltes, die so ansprechend waren, dass einige davon der Komponist Gottfried August Homilius vertonte. Sehr wahrscheinlich mehr als bisher bekannt. Doch damit nicht genug: Spätestens mit dem Dreigestirn Gellert – Buschmann – Homilius wurde Löbnitz zu einem regionalen, aber nicht unwichtigen Kristallisationspunkt deutscher Aufklärung.

Eine verwegene Behauptung? Das Umfeld jenes Dreigestirns stützt eine solche Einschätzung, ein Umfeld, das ein Jahrhundert umfasst – mit Gellert in seiner Mitte. Kurz vor 1700 schlugen sich Löbnitzer Bauern mit ihrem Patronatsherren Adolph von Schönfeld herum, der mit seinem absolutistischen Gehabe aber bald an seine Grenzen stieß. Und kurz vor 1800 fand sich der Nachfolger Buschmanns, Magister Johann Traugott Mangelsdorf, inmitten deutschlandweiter literarischer Auseinandersetzungen um einen Begriff wie Aufklärung, um die Französische Revolution oder die damaligen Unruhen in Sachsen. So agierten Löbnitzer zwischen Absolutismus und Aufklärung im Strom unserer Geschichte und machten den Ort zu dem, was er heute ist.

Und alles ist noch zu finden, zu sehen, zu hören: Die Weltsicht von 1691 mit den Bildern der damals neuen Löbnitzer Kirchenausmalung, das Löbnitzer Hochepitaph des unangenehmen Adolph von Schönfeld, die Dichtungen Buschmanns, die Musik eines Homilius, die Streitschriften von Mangelsdorf. Und das alles im Widerschein Gellerts, der vom nahen Leipzig aus auch Löbnitz erreicht hatte. Löbnitz und die deutsche Aufklärung? Auch die Hand voll Erde ist ein Teil der ganzen. Harald Otto